BOAG - Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung
«Skeptische Bemerkungen zu einigen beliebten Modellen der Verhaltenserklärung (4): ‹Biologismus›» von Albertine Devilder
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1 Einführung

Im immer noch und immer wieder aktuellen Arbeitspapier Nr. 11 - ‹Zur Kulturphysiognomik von Romantik, Moderne und Postmoderne› - hat die ‹Bochumer Arbeitsgruppe› das große Ideologie-Programm der ‹Moderne› vorgestellt. Zum Verhältnis von ‹Wahrheit und Wirklichkeit› heißt es da an einer Stelle auf Seite 8: «In der Moderne sucht die Philosophie feste Fundamente. Wahrheit soll als Abbild der Wirklichkeit an der Wirklichkeit selbst festgemacht werden. Und Wahrheit soll an der Empirie scheitern können (kritischer Rationalismus). Und Sprache soll die Wirklichkeit abbilden (Wittgenstein I).» Wenn wir nun noch die vielfältigen Bemühungen der ‹modernen› Literatur betrachten, die sich über Jahrzehnte hinweg einem ‹Realismus› und ‹Naturalismus› verbunden sah, dann könnten wir vermuten, daß ‹moderne› psychologische Modelle der Verhaltenserklärung - eben wie es ihnen ‹moderne› Schriftsteller wie Balzac und Zola oder der große ‹Psychologe› Knut Hamsun vormachten - sich einem Forschungs-Programm verpflichtet zeigen, welches schonungslos versucht, die Wirklichkeit menschlichen Lebens abzubilden und ambitiös zu ‹beschreiben›, was Menschen mit verschiedenen Anlagen und aus verschiedenen Milieus in verschiedenen Situationen und zu verschiedenen Zeitpunkten tun. Oder, um in dem im ersten Teil dieser Reihe skizzierten Bild vom Palimpsest zu bleiben: Wir könnten annehmen, daß in ‹modernen› psychologischen Modellen der Verhaltenserklärung versucht wird, die ‹sichtbare Schrift›, die Wirklichkeit, das Verhalten der Menschen also, zu untersuchen, zu klassifizieren, zu ordnen und zu deskribieren.

Tja, liebe Leser und Leserinnen, kleine Überraschung, denn interessanterweise ist dem aber nicht so. Moderne Modelle der Verhaltenserklärung halten sich nicht an den literarischen oder gar psychologischen Realismus der Moderne. Sie interessieren sich ganz überwiegend nicht für das sichtbare Verhalten und die Befindlichkeit von Menschen. Nein, hier wird eben nicht genau beschrieben, was Menschen tun, denken, fühlen, erleben, äußern, sondern es wird darüber fantasiert, warum Menschen dies alles tun, welche Ursachen also ihren Lebensäußerungen zugrunde liegen. Um im Bild vom Palimpsest zu bleiben: Die sichtbare Schrift, das Äußere, das Verhalten wird als wenig wichtige ‹Wirklichkeit› abgekratzt, damit sich die ursprüngliche Schrift, die ‹Ursache› des Verhaltens›, als das Eigentliche, als das des Erforschens würdige, als die vermutete Person selbst zeigt.

Und was ist das Eigentliche, das nach ‹moderner› Auffassung hinter allem Verhalten steckt? Was wird als Ursache erfunden? Schauen wir uns das an!


2 Grundgedanken

Stand in den romantischen Modellen die private Phänomenologie, die Selbst- und Weltsicht einer Person im Zentrum wissenschaftlicher Aufmerksamkeit, so fokussierten die psychodynamistischen Modelle auf eine Gemengelage aus biologischen und psychischen Trieben verbunden mit allerlei psychischem Hin und Her. Im hier vorzustellenden ‹Biologismus› - einem der einflußreichsten modernen Modelle der Verhaltenserklärung, welches sich bis in die Jetztzeit hinein zunehmend ausbreitet - geht alles etwas einfacher, übersichtlicher, ja, mechanischer zu.


2.1 Faszination Maschine

Der moderne Gedanke, den Menschen als mehr oder minder komplizierte Maschine, als Biomaschine zu sehen, ist heute weit verbreitet. Schulmediziner, Biopsychologen, Biologen und ‹Soziobiologen› spinnen gemeinsam an der Sage, daß menschliches Verhalten sich aus dem mechanischen Zusammenwirken von Einzelteilen einer komplexen Maschine ergebe. Die uns aus der Schulmedizin bekannte moderne Zerlegungs- und Atomismus-Ideologie feiert also auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen fröhliche Urständ. Menschen werden reduziert - deswegen bezeichnet man diese Modelle auch oft als reduktionistisch - auf bestimmte uninspirierte, gleichsam mechanische Strukturen, Elemente, Fragmente oder Maschinenteile, die diskret und von einander unabhängig funktionieren sollen. Das Ganze einer menschlichen Physis oder Psyche ist nicht mehr als die Summe der zu einer Maschine zusammengeführten Einzelteile. Und bei Maschinen gibt es keine Zufälle. Maschinen machen nicht, was sie wollen, die spinnen nicht, die streiken nicht, die erfüllen klaglos ihren Auftrag, außer sie sind kaputt. Und dann ist meistens nur irgendein einzelnes Maschinenteil defekt, was dann eben behandelt, repariert oder gar ausgetauscht wird. Wen diese Ideologie an die Praxis der Schulmedizin erinnert, der ist auf der richtigen Fährte.

Da das Modell vom Menschen als Biomaschine sehr populär ist, muß es uns nicht wundern, daß es zutiefst in unserer Alltagssprache verankert ist. Wir alle verwenden die verschiedensten Analogien zu technischen Geräten, um Abläufe in unserem Körper, in unserem Bewußtsein oder in unserem Verhalten zu beschreiben. Dabei haben sich die Metaphern für das Biomaschinenmodell in Abhängigkeit von der jeweiligen technischen Entwicklung im Laufe der Zeit natürlich schon oft verändert. Ich füge hier zur Illustration einige Beispiele für Maschinenmetaphern an, die heute noch durchaus verwendbar sind. So wissen wir, worüber wir reden:
Schön ist der Gedanke, daß wir immer dann, wenn jemand aus diesem Panoptikum von Sagbarkeiten etwas auswählt und irgendeine Lebensäußerung mit einem technischen Vorgang vergleicht, sagen können, welcher Phase der technischen Entwicklung der Moderne diese Metapher angehört. Und es ist zu erwarten, daß Computer- und Telephon-Metaphern zunehmen werden. Klar.


2.2 Annahmen zur Struktur

Welche Strukturen sind nun dafür verantwortlich, daß die Biomaschine Mensch funktioniert? Woraus bestehen die Elemente der Biomaschine? Wie verursachen die Strukturen der Biomaschine das Verhalten? Welche Strukturen sind für welche Lebensäußerung verantwortlich? Nun, schon um 400 vor Christus glaubte Hippokrates Körpersäfte und Dämonen als Ursachen des Verhaltens gefunden zu haben. Erstaunlich ist, daß die folgenden Begrifflichkeiten für die Menschen-Typen, nicht für die Körpersäfte, heute noch im Sprachgebrauch zu finden sind:
Moderne biologistische Modelle der Verhaltenserklärung haben nun zu verschiedenen Zeiten verschiedene Strukturen als ursächlich für das Verhalten gesehen und favorisiert, immer haarscharf dem sogenannten wissenschaftlichen Fortschritt folgend. Vor zweihundert Jahren suchte man nach unterschiedlichen Formen des Schädels und der Physiognomie, dann nach Unterschieden im Körperbau (die Begriffe leptosom, pyknisch, athletisch werden heute noch verwandt), schließlich nach Unterschieden in der Größe oder des Gewichtes des Gehirns, später dann nach der Dominanz verschiedener Unterstrukturen des Gehirns (etwa Hemisphärendominanz), um dann Jahrzehnte bei biochemischen Substanzen zu verweilen wie Hormonen und Transmittersubstanzen aller Art wie Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, Acetylcholin, Prostaglandin etc. etc.

Die heutige ‹Forschung› ist natürlich viel weiter und bewegt sich nach allen seriösen und unseriösen Berichten hurtig auf die Zielgerade zu. Kurz: Über die modernen Strukturen in der Biomaschine Mensch sind sich heute fast alle einig, sonst würden nicht nach wie vor zig Milliarden Dollar dafür ausgegeben. Die Strukturdämonen der Moderne sind die ‹Gene›, die die genetischen Botschaften enthalten sollen. Das zentrale Dogma der Molekularbiologie lautet: Aus DNS werde RNS werde Protein. Oder anders: Wenn genetische Information in Protein übergegangen ist, wenn DNS in Eiweiß transskribiert wurde, könne die Information nicht wieder zurück, der ganze Körper (einschließlich Psyche) sei - so die Rede - Ausdruck einer bestimmten genetischen Botschaft. Es wird hier also eine Informations-Einbahnstraße vermutet, ein ontologisches Primat des Erb-Moleküls. Genau diese Vermutung liegt auch der so häufig und penetrant propagierten Auffassung vom ‹egoistischen Gen› zugrunde, welche heute in beinahe allen Diskursen als ‹wahr› angenommen und kaum mehr skeptisch diskurriert wird. Biologisten sagen also, daß die Entwicklung eines menschlichen Körpers (einschließlich Psyche) daraus besteht, daß ein DNS-Molekül ein weiteres produziert: Am Anfang war das Gen, dann kam das Individuum, dann kam die Gesellschaft. Alles genetisch bedingt.

Halten wir kurz inne und fragen uns, warum ich dieses Traktätchen schreibe. Romantische Modelle würden hier in Richtung meiner Weltsicht und meines Konstruktsystems spekulieren, moderne Modelle hätten eine Unzahl von Ursachen anzubieten. Schreibe ich dieses Traktätchen aufgrund meines Körperbaus? Nun, ich bin leptosom! Schreibe ich aufgrund bestimmter Strukturen in meinem Gehirn? Nun ja, wie soll ich das widerlegen? Schreibe ich aufgrund meines Testosteronspiegels? Hm, ich beabsichtige nicht, an olympischen Wettkämpfen teilzunehmen. Schreibe ich aufgrund meiner Gene? Bingo! Treffer! Ein Onkel zweiten Grades meines Großvaters mütterlicherseits soll auch mal ein Traktätchen geschrieben haben! Na also!


2.3 Annahmen zur Interaktion der ‹Strukturen›

Da sind also etwa biochemische Substanzen. Schön. Und wie interagieren sie? Nun, hier sollten wir wieder in die Praxis der Schulmedizin schauen. Stellen wir uns einen normalen Patienten um die 60 vor, dann wird uns schnell klar, daß der betreffende Hausarzt diesem alle möglichen Substanzen verschreiben wird, die gezielt, linear und additiv gegen angeblich zu hohe oder zu niedrige ‹Werte› (Blutdruck, Blutfett, etc.) eingenommen werden sollten. Und schon verstehen wir, daß in der Moderne vermutet wird, daß die angeblichen Strukturen schlicht physikalistisch interagieren. Das Komplexe, z.B. unsere psychische Wirklichkeit, entsteht - so die moderne Rede - aus der linearen, additiven und quantitativen Veränderung einzelner Elemente, das Komplexe selbst hat keine eigene Qualität. Passend dazu haben moderne Männer statistische Auswertungsverfahren entworfen, die ihnen bei ihren ‹empirischen› Untersuchungen helfen sollen. Details zu skizzieren wäre hier überflüssig, es genügt uns, das Insgesamt dieser Verfahren beim Namen zu nennen: Es heißt ‹Allgemeines Lineares Modell (ALM)›. Damit ist fast alles gesagt.

Können moderne Männer nur addieren und subtrahieren? Kennen sie nur die Grundrechenarten? Na ja, wer in die moderne Literatur guckt, kann durchaus finden, daß sich die Biomechanik der Freude zusammen setzt aus dem Gesichtsausdruck, dem Rieseln im Bauch, der erhöhten Pulsfrequenz, den Tränen in den Augen usw. usw. Und weil die einzelnen Bestimmungsstücke so schön nebeneinander stehen, ist die lineare Mathematik (klar, es gibt noch eine andere, aber davon wissen moderne Männer nichts) so hervorragend geeignet, die Zusammenhänge, die physikalistische Interaktion der Einzelteile der Biomaschine Mensch einzufangen und auszudrücken.


2.4 Annahmen zur Dynamik

Gewitzte Leser und Leserinnen haben es vermutlich gleich erkannt: Die Rede von biochemischen Substanzen birgt den großen Vorteil in sich, daß man nicht nur über angebliche Strukturen innerhalb der Person sprechen kann, sondern eben diese Strukturen auch als Agentien, als Energie-Quellen, als Triebe skizzieren kann. Ein ‹Zu wenig› oder ein ‹Zu viel› an irgendeiner biochemischen Substanz kann in diesen Modellen - ganz wie es der ‹gesunde Menschenverstand› auch behaupten würde - also ganz wundersam die Psychodynamik von Menschen beeinflussen. Da dies aber im Biologismus komischerweise nicht als ausreichend empfunden wird, wird noch ein Kaleidoskop von ganz archaischen, atavistischen und aus der Phylogenese daher dräuenden Trieben erfunden, die unabwendbar und unbeherrschbar sein sollen, da sie schon immer die Geschicke des Menschen lenkten und deswegen offensichtlich angeboren seien: Sexualtrieb, Aggressionstrieb, Hunger, usw. Gucken wir nur flüchtig auf den ‹Hunger-Trieb›. Er sollte im Rahmen dieses Modells in Abhängigkeit von der Zeit des Fastens linear ansteigen. Jeder weiß, daß das nicht stimmt. Oder blicken wir auf den ‹Sexualtrieb›. Er sollte in Abhängigkeit von der Abstinenz linear ansteigen. Jeder weiß, daß das nicht stimmt. Wer abstinent lebt, verlernt auf eine bestimmte Art und Weise, was es heißt, sich sexuell zu verhalten. Seltsam? Seltsam. Warum wird solcher Unsinn verbreitet und geglaubt?

Zu Erklärung der Funktionsweise dynamischer Substanzen gibt es in den biologistischen Modellen der Verhaltenserklärung zwei Varianten, die aber letztlich identisch sind. Die erste läßt sich als Homöostase-Modell bezeichnen: Die Biomaschine befindet sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Gleichgewicht. Dieses Gleichgewichte wird jedoch nun beispielsweise durch einen Mangel (Nahrungsmangel, Sexmangel, Aggressionsmangel) gestört, deswegen entsteht in der Biomaschine eine Triebspannung. Die Biomaschine registriert das wie ein Heizungsthermostat, schüttelt sich und wird wach. Es wird ‹Energie› freigesetzt, die in die Wahrnehmungs- und Denksysteme fließt und die schließlich zu einem Verhalten führt, das die Reduktion der Triebspannung zum Ziel hat. Ist das Triebziel erreicht, lungert die Biomaschine wieder tatenlos, gleichsam im Leerlauf und mit leerem Gesicht herum.

Die zweite Variante möchte ich als Triebdampfkessel-Modell bezeichnen. Hier wird ein angeborener spezifischer Trieb vorausgesetzt (z.B. der Aggressionstrieb bei Konrad Lorenz, oder der Todestrieb (auch ein Aggressionstrieb) bei Sigmund Freud). Nun hat das ganze aber nichts mit einem Gleichgewicht zu tun, sondern mit einem vom Trieb produzierten ständigen Anwachsen einer Triebspannung. Dieser Trieb produziert also aus sich heraus eine Energie, die sich in bestimmten Abständen ihre Entladung suchen muß, sonst platzt der Dampfkessel. Ist die Energie abgeflossen, die Aggression, die Sexualität ausgelebt, kommt die Biomaschine solange zur Ruhe, bis der spezifische Dampfkesselspeicher von neuem überläuft. Das ganze funktioniert wie eine Toilettenspülung in zwei Ausführungen: Diese beiden lustigen Modelle sind heute sehr weit verbreitet. Insbesondere Schmierlappenzeitungen und ‹private› TV-Firmen arbeiten daran, daß diese beiden Modelle nicht vergessen werden. Und genau deswegen werden heute immer mehr ‹Triebtäter› mit einer Sicherungsverwahrung gestraft. Eines Tages purzelt dem Volksmund das Wort ‹Resozialisierung› nicht mehr aus dem Mund, sondern nur noch ein ‹Wegsperren! Für immer!›.


3 Konsequenzen

Wenn wir Menschen als lineare Biomaschinen oder Triebdampfkessel sehen, hat das verschiedene Konsequenzen, die ich jetzt mit Ihnen, lieber Leser und liebe Leserin durchdenken möchte: Wozu führt diese biomechanische oder psychomechanische Denkweise? Welche Einwirkungsmöglichkeiten gibt es? Ist Veränderung möglich? Wie wird auf Abweichungen reagiert? Wie wird mit Menschen umgegangen?


3.1 Triviale Maschinen

Blicken wir zurück auf die hier skizzierte Biomaschine: Menschen werden als triviale, festgelegte, gleichsam am Boden festgeschraubte Maschinen betrachtet, die durch den Zustand oder Status ihres spezifischen biologischen Apparates, der sich aus ihren spezifischen biologischen Erbanlagen ergab, determiniert sind. Maschinen sind voraussagbar, kontrollierbar und beherrschbar. Menschen als Biomaschinen warten passiv und reaktiv auf biochemische Veränderungen innerhalb ihres Körpers, auf notwendige und verzeihliche Triebspannungen oder auf Außenreize, um dann mechanisch, d.h. wie zu erwarten, zu reagieren und die Triebe zu entladen. Weiter oben habe ich gesagt: «Maschinen machen nicht, was sie wollen, die spinnen nicht, die streiken nicht, die erfüllen klaglos ihren Auftrag, außer sie sind kaputt. Und dann ist meistens nur irgendein einzelnes Maschinenteil defekt, was dann eben behandelt, repariert oder gar ausgetauscht wird.» Wie viele Menschen behandeln ihren Körper und ihre Psyche nach genau diesem Modell? Ach, zu viele.

Ich möchte noch einen wichtigen Gedanken anschließen, der die ‹Wirklichkeit› in unseren sozialen Räumen prägt: Triviale, von magischen Substanzen gesteuerte Biomaschinen können keine Eigenbewegungen machen, sie erfüllen ja nur ein Programm. Sie sind die aktuelle Summe ihrer wirksamen Substanzen. Leider dürfen Biomaschinen auch keine Faxen machen, außer sie sind krank, alt und abgenutzt - oder verrückt. Dann dürfen sie Faxen machen. Moderne Biomaschinen haben ihr Programm zu erfüllen.


3.2 Atomismus und Reduktionismus

Das Wissenschaftsprogramm der Moderne folgt zwei wesentlichen Prinzipien, dem Atomismus und dem Reduktionismus. Substanzen müssen in immer kleinere Untersubstanzen zerlegt werden, und komplexe Geschehnisse und Lebensäußerungen müssen auf einfache Ursachen reduziert werden. Die Schulmedizin macht es vor, und liebe Psychologie-Studentinnen machen es in ihren Diplomarbeiten nach: Wollen sie etwas untersuchen, denken sie sich einzelne Wirkfaktoren (biologische, psychologische, was auch immer) aus, die sie als unabhängige Variablen bezeichnen. Und dann untersuchen sie den Einfluß dieser wenigen unabhängigen Variablen auf eine abhängige Variable. Klar, alle anderen Variablen, die in unserem Leben eine Rolle spielen könnten, müssen dabei leider draußen bleiben. Atomismus, Reduktionismus, ALM. Mit dem Modell der Biomaschine feiert die Kulturepoche der Moderne ihren absoluten Höhepunkt.


3.3 Begründung der Ungleichheit

Biologistisch arbeitende WissenschaftlerInnen untersuchen nun zwar alles Mögliche. Sie konzentrieren sich in den letzten hundert Jahren aber insbesondere auf drei Bereiche. Einmal gehen seit zig Jahren - und bis heute - die Anstrengungen dahin, Frauen nachzuweisen, daß sie biologisch minderwertig sind. Die männliche Logik ist hier ganz einfach:
  1. Seit Tausenden von Jahren haben überall in Staat, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur Frauen fast nichts zu sagen! (Volksmund)
  2. Das ist so, weil Frauen einen anderen Körper haben als Männer. (Volksmund)
  3. Auftritt der modernen Wissenschaftler: Nun gilt es, den entscheidenden anatomischen Unterschied oder die entscheidende biochemische Substanz zu finden, die für alles verantwortlich ist. Klar, je nach Zeitläuften und Kulturepoche finden sich hier unterschiedliche Substanzen. Mal waren es das defizitäre Gehirngewicht, die seltsamen weiblichen Hormone, die unverständliche Hemisphärendominanz etc. etc.
  4. Zur Abrundung der Angelegenheit muß nun ‹wissenschaftlich› behauptet werden, daß diese Substanzunterschiede keinesfalls zufällig oder in sozialen Räumen erworben, sondern daß sie in den Genen verankert, also erblich sind.
  5. Wenn die modernen Wissenschaftler in Form und bei guter Laune sind, dann versuchen sie noch, irgendeine Gruppe von Tieren zu finden, bei denen die sozialen Verhältnisse ähnlich sind wie im Patriarchat. Das war es dann. Die Inferiorität von Frauen ist natürlich, ist von der Natur so vorgesehen. Selbstverständlich werden Tierarten, wo die Verhältnisse ganz umgekehrt sind, übersehen.
Ziel der modernen Forschung ist es also, zu zeigen, daß Frauen weniger wert sind und daß Frauen bei dem bleiben sollen, was sie können: Zum einen ‹Aussehen›, zum anderen ‹Männer beglücken›. Es geht also darum, die in Bergen von soziologischer Literatur beschriebenen sozialen Ungleichheiten zwischen Mann und Frau zu legitimieren und die auch heute zu beobachtenden Diskriminierungen weg zu reden. Selbst in der Postmoderne wird die Legitimation der Ungleichheit permanent weiter geführt. Interessant ist hier nur, daß die Diskriminierten sich am Diskriminations-Spiel selbst beteiligen, ja, es aufrechterhalten, indem sie Bücher lesen, in deren Titel fabuliert wird, daß Männer vom Mars kämen und Frauen von der Venus, daß Frauen nicht einparken können und so weiter. Diese Werke werden in Millionen-Auflagen verkauft. Erstaunlich? Nein. Sie verkitschen das biologistische Modell der Verhaltenserklärung und verankern es dabei immer fester.

Der zweite Bereich, dem seit Jahrzehnten alle Anstrengungen der biologistisch denkenden Wissenschaftler gilt, ist die Eigenschaft Intelligenz. Klar, wer ein wenig nachdenkt, kommt darauf, daß der Intelligenzquotient ein Maß für die Dummheit ist, mit der er gemessen wird! In biologistischen Modellen der Verhaltenserklärung ist man insbesondere daran interessiert, den Menschen - gleichsam im Auftrag des Staates - zu erklären, daß die Intelligenz - als angeborene Eigenschaft - für die sozialen Rangunterschiede und den ‹Notendurchschnitt› in der Schule verantwortlich sei. Die Eigenschaft Intelligenz ist also erfunden worden, um denjenigen, denen die Bundesrepublik nicht gehört, erklären zu können, warum sie ihnen nicht gehört. Ist das nicht wunderbar?

Und der dritte Bereich, in dem intensiv nach der Substanz und dem genetischen Code gesucht wird, ist Verhalten, das von der Norm abweicht, also Kriminalität, Schizophrenie, Depression, Homosexualität und neuerdings auch Arbeitslosigkeit! Mit dem Modell der Biomaschine im Kopf sucht man natürlich nicht danach, ob vielleicht irgendwelche Lebensumstände einen Menschen haben vom Pfad der Mitte abweichen lassen oder verrückt gemacht haben. Mein Gott, was wären alle Menschen - und insbesondere diejenigen, die ‹Verantwortung zeigen› für unser Land - froh, wenn Verrücktheit nichts mit den aktuellen Lebensumständen auf dieser Welt, nichts mit der aktuellen politischen Lage, nichts mit dem aktuellen Familiensystem, in dem wir aufwachsen, nichts mit Wohnungsgröße, Armut, Arbeitslosigkeit und ökologischen Problemen zu tun hätte, sondern den Genen entspränge. Mein Gott, was wären alle froh und erleichtert. Deswegen wird auch ununterbrochen danach gesucht. Das ist Politik! Konservative Politik. Die Herren des Wörterbuches bestehen darauf, daß dem so sei.

Doch trotz der wöchentlichen Erfolgsmeldungen - obwohl, in letzter Zeit ist es etwas ruhiger geworden - von dieser ‹Front›, läßt sich nur sagen: Weder die Verrücktheits-Substanz noch das Verrücktheits-Gen ist gefunden worden. Und ich bin so frei, zu behaupten, daß es nie gefunden werden wird! Alle bisherigen Meldungen über die genetische Verankerung von Depression, Schizophrenie, Alkoholismus, Kriminalität usw. mußten wieder zurückgenommen werden. Aber davon hören wir nichts, denn in unserer ‹Gesellschaft des Spektakels› gibt es nur Erfolgsmeldungen!


3.4 Wie wird auf Abweichungen reagiert?

Wie bei den schon vorgestellten psychodynamistischen Ansätzen steht auch bei den biologistischen Modellen der Verhaltenserklärung das sogenannte medizinische Krankheitsmodell im Mittelpunkt. Ich will den Grundgedanken hier noch einmal skizzieren: Normales Verhalten weist auf normale innere Prozesse hin, auffälliges, anormales Verhalten weist auf anormale innere Prozesse hin. Normales und nicht normales Verhalten entstehen also nach unterschiedlichen Regeln! Das versteht jeder, außerdem besteht eine Hauptaufgabe von Schmierlappenzeitungen - als Organ des gesunden Menschenverstandes - darin, dieses Dogma täglich zu visualisieren. Möchte die Schmierlappenzeitung jemanden als ‹irre› beschimpfen, darf ein Foto, auf dem dieser jemand ‹irre aussieht›, nicht fehlen. Und klar gibt es hohe Honorare für Fotos von ‹Mördern›, auf denen ‹Mörder› wie ‹Mörder› aussehen!

Normales Verhalten soll also auf normale innere Prozesse hin weisen. Schauen wir mal nur für Sekunden näher hin, was der gesunde Menschenverstand hier daher plappert: Stellen wir uns einen Mitmenschen vor, der in jeder Situation seines Tages das tut und sagt, was eben jetzt zu tun und zu sagen ist. Morgens sagt er: «Guten Morgen!», des Mittags: «Mahlzeit!», und am Abend: «Guten Abend!» Ansonsten guckt er brav das TV-Programm, welches an diesem Abend fast alle anderen Mitmenschen auch gucken. Dazu sagt er: «Abends noch groß was lesen? Ach nein. Ich will mich nur entspannen! Abends noch groß was kochen? Ach nein, ich ruf den Pizza-Dienst! Abends noch groß was sprechen? Ja, worüber denn?»

Soll ich das Vorhersagbare, das Erwartbare, das Banale noch weiter beschreiben? Nein. Halten wir fest: Dieser nette Mitmensch ist ‹normal›, da er von ‹normalen› inneren Prozessen gesteuert wird. Keiner macht sich Gedanken über diesen Prototyp des Normalen, doch, halt, wir tun es! Wir machen uns Gedanken über dessen Geisteszustand. Und noch einer tut es, Karl Kraus, der Kardinal von Wien, das geistige Riff in der Brandung aller Dummheiten, die letzte Zuflucht für alle Verzweifelten. Er sagt in der Fackel Nr. 315, S. 35, vom 26.1.1911: «Es empfiehlt sich, Herren, die das Angebot einer Zigarre mit dem Satz beantworten: ‹Ich sage nicht nein›, sofort totzuschlagen. Es könnte nämlich sonst der Fall eintreten, daß sie auf die Frage, wie ihnen eine Frau gefalle, die Antwort geben: ‹Ich bin kein Kostverächter›.» Soviel zur Normalität der Normalität.

Wie wird nun auf körperliche oder psychische Abweichungen reagiert? Aus der Logik der Biomaschine und dem medizinischen Krankheitsmodell folgt, daß abweichende, störende Mitmenschen für sich betrachtet werden. Das heißt, die Störung wird individualisiert, sie hat mit den Lebenszusammenhängen und den sozialen Räumen, die den Mitmenschen erst haben abweichend und störend werden lassen, nichts zu tun. Nach der ‹Individualisierung› erfolgt als nächstes ganz zwangsläufig die ‹Pathologisierung›, dem Mitmenschen wird erklärt, daß er krank sei, und daß er dies einzusehen habe. Auch heute noch ist der Begriff ‹Krankheitseinsicht› ein Zauberwort. Und die viel beschworene ‹Compliance› folgt ihm auf dem Fuße. Die Vorstellung, daß ‹störende› Mitmenschen ‹krank› seien, ist ziemlich wichtig, um die folgenden Eingriffe aller Art in die ‹kranke› Biomaschine zu rechtfertigen! Und aus der Individualisierung und Pathologisierung folgt als drittes ganz anmutig und ‹natürlich› die Isolierung. Der einzelne ‹kranke› Mitmensch wird aus seinen Lebenszusammenhängen und seinen sozialen Räumen herausgenommen und in einem Krankenhaus oder einer Anstalt isoliert. Und behandelt. Und dann in das soziale System zurück entlassen, welches ihn hat ‹abweichen› lassen vom Pfad der Mitte.

Individualisierung, Pathologisierung und Isolierung: Das sind die drei Schritte, die in biologistischen (und psychodynamistischen) Modellen der Verhaltenserklärung auf Abweichungen oder Krankheiten aller Art folgen. Daß diese Schritte überhaupt einer Theorie, einem Modell folgen, kann dem gesunden Menschenverstand nicht erklärt werden. Er hat diesen Dreierschritt so oft gehört und bei sich und anderen Mitmenschen erlebt, daß er ihn als der Natur, der Wirklichkeit gemäß ansieht.


3.5 Ist Veränderung möglich?

Klar ist Veränderung möglich! Aus der modernen Idee des Atomismus und Reduktionismus entsteht ganz folgerichtig die Idee des Behandelns von Atomen oder Einzelteilen der Biomaschine, auf die einzeln eingewirkt werden kann. Dabei öffnen sich zwei Wege: Wir können Biomaschinen operieren, indem etwas herausgeschnitten, weggebrannt, bestrahlt oder einfach ausgetauscht wird, oder wir können Medikamente einfüllen, die gezielt einzelne Funktionen beeinflussen! Die Behandlung von psychischen Störungen mit ‹Elektroschocks› wird nicht ohne Grund gerade wieder populär, denn die skeptischen Diskurse dazu sind erloschen. Und Psychopharmaka werden heute überwiegend frei- und bereitwillig eingenommen. Das biologistische Modell hat gesiegt.


3.6 Wie wird mit Menschen umgegangen?

In den humanistischen Modellen der Verhaltenserklärung standen sich einzigartige Subjekte ehrfurchtsvoll gegenüber. Was ein Einzelner über seine Lebensumstände zu sagen hat, spielt eine ganz große Rolle, denn alles, was zur Veränderung des Einzelnen und seiner Lebensumstände erforderlich und nötig ist, bringt der Einzelne schon mit sich. Was wird in der Moderne daraus? Nun, in den psychodynamistischen Modellen haben wir auf der einen Seite einen allwissenden, mächtigen Untersucher, Forscher oder Therapeuten, der komplexe Bedeutungen hinter einem schlicht Gesagten ‹entdeckt›, und auf der anderen Seite einen buchstäblich ohnmächtigen und ahnungslosen Patienten, dem gesagt werden muß, was das alles ‹eigentlich› bedeutet, was er da erzählt. Dieses sehr große Macht-Gefälle zwischen Fachleuten als Machthabern und Laien als Machtlosen perpetuiert sich bei den biologistischen Modellen: Mitmenschen werden hier zu Objekten, zu Reagenzien, zu Versuchspersonen, zu Datenlieferanten, kurz zu einem ‹Patientengut›. Wer einmal ein Computer-Programm zur Verwaltung einer ärztlichen Praxis gesehen hat, weiß, wie das Wort ‹Patientengut› gemeint ist. Schließlich ist die Heilkunde heute keine Heilkunde mehr, sondern eine wirtschaftliche Unternehmung.


4 Erwägungen

Aus dem Determinismus biologistischer Modelle erwächst eine sehr problematische Verantwortungslosigkeit, was die Lebensumstände von Menschen betrifft, ja, gar eine Art Fatalismus. Wenn das Verhalten von Mitmenschen von irgendwelchen inneren Prozessen und Substanzen gelenkt wird, wenn nur ‹intelligente› Kinder die Schulnoten erreichen, die ihnen erfreuliche Lebenschancen einräumen, wozu dann noch groß an Sozialarbeit, Förderung, Städteplanung und all diesen sozial-liberalen Mist denken? Wer die richtigen Gene hat, wird sich auch ohne eine besondere Förderung am Markt durchsetzen und später immer ‹Die Welt› lesen! Das ist das Credo der Neo-Liberalen. Und, ganz ehrlich, jetzt mal unter uns, sind Migrantenkinder nicht schon auf Grund ihrer Erbanlagen kaum in der Lage, überhaupt lesen und schreiben zu lernen? Na also. Was mühen wir uns da ab!?

Tja, viel Freude macht es nicht, dies zu schreiben. Es sollte uns zu denken geben, warum der moderne Gedanke des Biologismus auch und gerade in postmodernen Zeiten so ausgesprochen populär ist und warum Forschung in diesem Bereich mit immensen Summen gefördert wird. Was sind alle wild auf das Klonen von ‹Stammzellen›, mit denen dann buchstäblich jede Krankheit vertrieben werden soll. Und auf der anderen Seite gibt es kaum mehr eine Milieuforschung. Milieu!?

Immer wieder gibt es auch Untersuchungen zum endgültig bedeutsamen und trennenden anatomischen oder physiologischen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Ich hatte noch das Glück, einem Professor für Psychologie in den 1980er Jahren bei diesem Statement zuhören zu dürfen: «Frauen haben keine räumliche Orientierung, keine Raumwahrnehmung, weil sie früher immer in Höhlen gelebt haben, während die Männer draußen auf der Jagd waren.» Tja, das war ein Spaß. Immerhin wissen wir damit aber, warum es täglich so schlimme Staus auf den Autobahnen gibt: Das sind all die Frauen in ihren Autos, die nicht wieder nach Hause finden!

Die bereits weiter oben erwähnten Untersuchungen zur Legitimation der Ungleichheit von Mann und Frau sind in der Postmoderne etwas seltener geworden. Grobe angebliche Unterscheidungen sind nicht mehr so gefragt. Einer der letzen großen Aufreger in den vergangenen Jahren war die ‹Nachricht›, daß das sogenannte ‹corpus callosum›, eine Art Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften, bei Frauen größer ist als bei Männern. Die Nachricht selbst ist dabei, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt, gar nicht so interessant. Spannend ist, wie diese Nachricht dann ganz übereinstimmend interpretiert wurde: «Durch das größere ‹corpus callosum› beeinflußt die rechte Hirnhälfte die linke und umgekehrt. Das ist schlecht. Deswegen sind Frauen so durcheinander.» Interessant ist natürlich, wie das Datum interpretiert würde, wenn das ‹corpus callosum› bei Männern größer wäre. Es ist völlig sicher, daß daraus dann ein Vorteil für Männer herausgeschraubt würde.

Diese Geschichte ist ein sehr nettes und lustiges Beispiel für männliche biologistische Forschung. Fragen wir uns ganz schlicht: Warum soll das ein Nachteil sein, wenn ‹sense and sensibility› bei Frauen eng ‹zusammen arbeiten›? Warum soll das ein Nachteil sein, wenn Frauen in jeder sozialen Situation auch den ‹Beziehungsaspekt› sehen? Aber, klar, es geht ja auch gar nicht um Daten, sondern um die Interpretation von Daten. Eigentlich ist Wissenschaft so einfach, die Regeln sind so überschaubar. Die sozialen Räume, in denen Wissenschaft ‹entsteht›, sind so klar definiert. Derzeit wartet in diesem Bereich alles darauf, daß endlich einmal handfeste Gene benannt werden können, die Mann und Frau trennen, jenseits von X und Y. Wir sind gespannt!


5 Schluß

In Zeiten, die für ‹Arbeitnehmer› zunehmend schlechter werden, ist zu erwarten, daß biologistische Argumentationen immer weiter zunehmen. Diejenigen, die keine Arbeit mehr finden, sehen sich heute schon einem griechischen Chor gegenüber, der ihnen die Ohren mit Sprech-Gesängen über Eigeninitiative, Freiheit und Selbstbestimmung voll stopft. Für Leute, die des Denkens einigermaßen unkundig sind, gibt es aus dieser Falle - außer dem Aufsuchen einer Depression - kaum Auswege.

Nett wird es, wenn das biologistische Modell der Verhaltenserklärung, der finale Kapitalismus und der globalisierte Kampf aller gegen alle theoretisch zusammengeführt werden. Wie schön, wenn uns dann von Wissenschaftlern erklärt wird, daß ein biologistisches Menschen-Programm von den Zielen und Mitteln her mit dem des finalen Kapitalismus überein stimmt. Survival of the fittest. Wer hätte das gedacht? Obwohl, naturgemäß, dieser Satz Darwins immer falsch übersetzt wird.

Tja, die Hochzeit biologistischer Modelle hält an. Ich bin sehr gespannt, wie das weiter gehen wird. Selbst in einer seriösen Tageszeitung wie der SZ ist wöchentlich über irgendeine Untersuchung zu lesen, in der ‹amerikanische Wissenschaftler festgestellt› haben, daß, was sollen wir jetzt mal nehmen, ah ja, ok, daß Frauen und Männer zusammen tanzen, weil sie ihre Gene weiter geben wollen. Da wäre ich persönlich jetzt nicht drauf gekommen. Gut daß wir eifrige, selbstlose Wissenschaftler haben, die uns sagen, warum wir das tun, was wir tun.



Erstellt: 11. Januar 2006 - letzte Überarbeitung: 18. Januar 2006
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