BOAG - Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung
«Sisyphos am Fließband»
von nele
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Du beförderst stets das Gleiche,
hier und da eine Silbenleiche
und wunderst dich, dass sich nichts verändert.
Manchmal fließen sie zu schnell, die Bänder,
kommst nicht hinterher
und die Buchstaben purzeln kreuz und quer
hinunter.
Mitunter
kehrst du sie auf
und überlässt sie dem Müllkreislauf.

Nun aber stockt das Band.
Jetzt hast du Zeit und schaust dir an,
wie die Menschen um Buchstaben hetzen
und sie verarbeiten zu Wörtern, Sätzen und Texten,
wie sie verpackt werden zu Inhalten, die Waffen gleichen,
wie sie geformt werden zu friedlichen und vertrauten Zeichen.

Du entdeckst ein Wort, das sich nicht einschweißen lässt.
Du bringst es zu einem schlauen Kopf und berätst,
wie man die Bedeutung, die ihm anhaftet, verändern kann,
damit es in die Form passt und dann entdeckst du:
Matrizen formulieren die Fragen,
deshalb gibt es stets nur das Gleiche zu sagen.

Bei all den vielen und schnellen Sätzen bleibt
kaum Raum zum Denken und wenig Zeit:
Wozu all die Wörter?
Wo fließen sie hin?
Sprache als Werk nur Gestörter
ohne jeglichen Sinn?

Kein Ende nehmend
und die Sinne lähmend
werden es eines Tages zu viele sein,
die deinen Geist belagern mit Bedeutungsschein.
Versunken stehst du bald selbst im Müll.
Die vielen Wörter machen dich still.
Du stehst am Knopf, hast eigentlich die Macht,
doch vom Fließband wirst du nur ausgelacht.
Der Preis, den du zahlst, lacht voller Hohn,
er nimmt dir die Sprache und zahlt keinen Lohn.



Erstellt: 27. September 2005 - letzte Überarbeitung: 27. September 2005
Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung.
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