«Rhetoric is the form that discourse takes when it goes public […];
that is, when it has been geared to an audience,
readied for an occasion, adapted to its ends.»
(Herbert Simons)
Liebe Freundinnen und Freunde der ‹Bochumer Arbeitsgruppe›,
wir prüfen für Sie die Wirklichkeit. Dieser Text beschäftigt sich mit dem Diskurs über psychischen Krankheiten. Der neue Katalog psychischer Störungen, das DSM-5, ist soeben erschienen. In verschiedenen Medien gibt es eine überraschend kontroverse Debatte zu den dort zu findenden Klassifikationen. In den Vereinigten Staaten wurde das DSM-5 von der Nationalen Behörde für Geistige Gesundheit (NIMH) inzwischen als unbrauchbar zurückgewiesen. Der Grund: mangelnde Validität. Im eigenen Feldversuch zeigte sich den DSM-Initiatoren zudem eine ausgesprochen niedrige Reliabilität ihrer psychopathologischen Kategorien. Die Vertreter der psychopathologischen Störungen sehen sich auch deshalb mit Kritik konfrontiert, weil sogar der frühere DSM-Chefautor Allen Frances eine Ausweitung psychischer Störungskategorien auf normales Empfinden und eine Psychiatrisierung der Gesellschaft durch das DSM-5 fürchtet.
Die Autoren des DSM und seine Verteidiger haben auf diese Vorwürfe reagiert. Sie tun dies in Interviews, auf Podiumsdiskussionen, mit Leserbriefen und in Zeitschriftenartikeln. Wir haben ihnen dabei mit den Mitteln der
Wirklichkeitsprüfung genau zugehört und sind auf eine recht überschaubare Anzahl von Skripten und Mythen gestoßen, die zur Verteidigung des ‹Psychopathologischen Wörterbuches› genutzt werden.
Wir wollten wissen: Wie wird die ‹Wirklichkeit› psychischer Störungen gegen die Kritik, die ihr entgegenschlägt, verteidigt? Im folgenden finden Sie, lieber Leser und liebe Leserin, eine vorläufige Zusammenstellung dieser Skripte, die den ‹Herren des Psychopathologischen Wörterbuchs› (vgl.
‹Die Herren des Wörterbuchs›) dazu dienen, ihre Wirklichkeit abzusichern.
In der ersten der nun folgenden Skriptsammlungen setzen sich die ‹Herren des Psychopathologischen Wörterbuchs› nicht mit der Kritik, sondern mit den Kritikern auseinander. Diese laufen ‹in die Irre› (IVX)
[1] Wir haben alle Zitate der Verteidiger des psychopathologischen Wörterbuchs mit eindeutigen Kürzeln versehen, die nicht ihre echten Initialen sind. Im Rahmen der Wirklichkeitsprüfung ist das Individuum lediglich Träger des Diskurses, es kann also davon abgesehen werden, die wahre Identität der Sprecher zu veröffentlichen. In Einzelfällen wird auf die soziale Rolle des Sprechers hingewiesen. Vgl. Karl Kraus: «Objekt (unserer Kritik) ist nie der Gegner, sondern der Umstand, daß es ihn gibt.» (Die Fackel Nr. 251/52, S. 37, vom 28.4.1908). Die Auseinandersetzung zwischen den Verteidigern und den Kritikern wird durch Verwendung dieser Skripte so strukturiert, dass die Kritiker nicht einfach anderer Meinung sind, sondern als unverantwortlich dastehen sollen.
Skriptsammlung 1: «Und schuld bist Du!»
- [An einen DSM-5-Kritiker gewandt:] «Ich halte das für extrem gefährlich, was Sie machen. Ich finde das wirklich ganz gefährlich. Und ich finde es auch nicht adäquat. Aber damit verkauft sich Ihr Buch sicherlich hervorragend, da bin ich mir auch sicher.» (JI)
- «Seit mehr als zehn Jahren versuchen wir, den Fachleuten, den Politikern und der Öffentlichkeit klarzumachen, wie verbreitet, belastend und kostspielig psychische Störungen sind – vor allem wenn sie nicht erkannt und behandelt werden.» (IVX)
- «Die Gefahren einer Diagnostik, die nur auf Augenschein beruht, sind gigantisch.» (IVX)
- «Und die Kollegen haben in meinen Augen die Pflicht, sich einer Ausübungskontrolle zu unterziehen.» (IVX)
Bei den vorstehenden Skripten handelt es sich zunächst um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, einem Streit zwischen, so soll es aussehen, verantwortungsvollen und verantwortungslosen Kollegen. Eine perfide Wendung nehmen die ‹Und schuld bist Du!›-Skripte dann, wenn sie nicht mehr wissenschaftsintern gebraucht werden, sondern sich gegen die vermeintlich Betroffenen richten. Denn diese laden persönliche Schuld auf sich, wenn sie nicht auf die Erkenntnisse des DSM-5 hören wollen. Diese diabolische Variante nennen wir als
Subkategorie: Das Fegefeuer-Argument.
- «(...) ob es nicht vielleicht doch sinnvoll ist – das sage ich als Vater –, dass ich manchmal fachgerecht beraten werde, wenn ich bei meinen kleinen Kindern, oder auch bei den größeren, Auffälligkeiten sehe, die ich vielleicht unter pubertäre oder Entwicklungsstörungen abhake, die aber möglicherweise andeuten, wie mir das gerade in dem weiteren Freundeskreis passiert ist, dass dort eine Psychose dräut, ja? Das möchte ich gerne wissen.»(IVX)
- «Wie gehe ich damit um, wenn ich eine solche Störung feststelle? Setze ich alles daran, dass sie so früh wie möglich behandelt und meine Gesundheit so gut und schnell wie möglich wiederhergestellt wird? Oder verzichte ich auf eine Therapie, weil mir das zu lästig ist, und riskiere damit, dass ich zum Beispiel monatelang in einer depressiven Episode versinke, dass ich meinen Beruf verliere und meine Beziehung zerstört wird, dass ich für den Rest meines Lebens zumindest eine Narbe davon trage oder dass die Krankheit sogar fortschreitet?» (IVX)
- «Leider hat jede psychische Störung das Potenzial, das Leben erheblich zu verkürzen.» (IVX)
Mittels des Fegefeuer-Arguments wird Angst erzeugt. Wer sich nicht entsprechend der Erkenntnisse der ‹Herren des Psychopathologischen Wörterbuchs› verhält, versündigt sich an sich selbst, seinen Angehörigen und der Gesellschaft. Tun die ‹Betroffenen› dies dann aber doch, klebt die Verantwortung dafür an ihnen wie schwarzes Pech. Denn nicht die DSM-5-Vertreter wollen die von Ihnen postulierten Störungen behandelt sehen, sondern, wie wir gleich sehen werden, die Menschen selbst.
Skriptsammlung 2: «Die Leute wollen das doch!»
Wenn es um echte Konsequenzen geht, wie Psychotherapie, Pharmakotherapie, evtl. Hospitalisierung, dann sind es nicht diejenigen, die Diagnosen verteilen, die die Verantwortung dafür übernehmen, sondern diejenigen, die sie bekommen! Diese entscheiden nämlich selbst, ob die vom Experten gestellte Diagnose behandlungsbedürftig ist. Jedenfalls sieht das die Leiterin einer großen psychiatrischen Abteilung so.
- «Diagnose bedeutet nicht automatisch Behandlung. Das obliegt dem Patienten, der nachfragt, der sich entscheidet. Nicht theoretisch, sondern ganz praktisch. Jeden Tag.» (JI)
- «Ich möchte schon, einfach um auch die Angst zu nehmen, nicht sagen: Da kommt ein Behandler und sagt, du hast das und das und jetzt musst du eine lange Behandlung machen. Das ist doch Unsinn, das ist doch einfach Quatsch.» (JI)
- «Ich frag mich, was das für ein Patient ist, der sich einfach eine Diagnose geben lässt, das hat ja auch enorme Konsequenzen eventuell. Ganz merkwürdig.» (JI)
Wir erinnern uns: wer nicht selbst rechtzeitig bei den ersten Anzeichen, die als pathologisch klassifiziert wurden, therapeutisch einschreitet oder einschreiten lässt, der verschuldet eigenes und fremdes Leid. Ob er dieses Unheil zulässt oder nicht, liegt aber ganz bei ihm. Die Verantwortung für die Konsequenzen trägt er also allein.
Es wird ein autonomes Subjektmodell vertreten. Jeder Mensch entscheidet für sich selbst. Es ist das Bild des Homo Oeconomicus, der auf Grundlage optimaler Information die rational beste Entscheidung für sich trifft. Also genau das Modell, das in der Finanzkrise gerade aufs Anschaulichste versagt hat. Ein rationales Subjekt, das sich z.B. von Werbung nicht beeinflussen lässt.
- «Wogegen ich mich vor allem wirklich wehren möchte, ist Ihre Haltung gegenüber den Patienten. Es ist nicht so. Wenn Sie mit dem Patienten empathisch, partnerschaftlich umgehen, dann ist das nicht irgendein Mensch, dem Sie irgendwas überstülpen können, dem Sie eine Diagnose geben und sofort eine Behandlung einleiten. Das wird immer noch der Patient entscheiden.» (JI)
Einer, der es als Betroffener und Behandler wissen muss, der Psychotherapeut Gary Greenberg
[2] Greenberg, G. (2010). Manufacturing Depression. The Secret History of a Modern Disease. London: Bloomsbury. Seite 280., sieht das freilich etwas anders:
- «Es ist so gut wie unmöglich, in längeren Phasen der Traurigkeit nicht auch Depressionen in Betracht zu ziehen, nachdem man ein halbes Jahrhundert lang flächendeckend mit den Botschaften [der Pharmaindustrie] bombardiert worden ist.»
Die am häufigsten gebrauchten Skripte zur Verteidigung der Wissenschaft vom geistig Abnormalen werden ausgerechnet mit einem besonders wissenschaftsfernen Gestus vorgetragen, dem der Wahrsage. Alternative Erklärungen treffen nicht das Eigentliche, das Bestehen der Störung wird einfach vorausgesetzt. Unter der Überschrift ‹Die Wirklichkeit ist wirklich krank› findet sich die simpelste aller Argumentationsformen, deren Hauptaussage ist: Es ist einfach so.
Skriptsammlung 3: «Die Wirklichkeit ist wirklich krank!»
Mittels der wiederholten Behauptung der Existenz psychopathologischer Wirklichkeiten lassen sich auf einfachste Weise Argumente für das Psychopathologische Wörterbuch erzeugen. Diese haben wir in der Kategorie ‹Die Wirklichkeit ist wirklich krank› gesammelt. Ihre Aussage: die Wirklichkeit ist wirklich krank, selbst dann, wenn sie normal ist. (Im Folgenden haben wir die durch die behauptete wirkliche Existenz der Psychopathologie scheinbar desavouierten Kritikpunkte hervorgehoben.)
- «Aber das Vorliegen einer psychischen Störung und deren mögliche Behandlungsbedürftigkeit per se zu negieren, nur weil es normal sei, so zu empfinden, ist meines Erachtens nach unausgegoren.» (GK)
- «Wollen Sie eine Hilfe suchende Person, die über Wochen und Monate unter schweren depressiven Symptomen leidet und möglicherweise sogar suizidal ist, im Versorgungssystem abweisen mit der Begründung, sie sei aus guten Gründen depressiv, da sie ja nur trauere?» (GK)
- «Aber in der Summe ist es besser, dass man dort der einen oder anderen Meinung ist, kennt aber die Studienlage, als dass man behandelt und über Jahre hinweg ein Asperger- oder Autismus-Kind nicht erkennt und glaubt, es wäre irgendwie eine familiendynamische Störung oder was.» (LM)
- «Meiner Auffassung nach ist [die auffallend häufigere Vergabe psychopathologischer Diagnosen in den letzten Jahren] eher ein Aufholen zum aktuellen Erkenntnisstand, ein Zeichen dafür, dass die psychische Gesundheit im Rahmen eines biopsychosozialen, umfassenden Gesundheitskonzepts zunehmend realistisch gewürdigt wird.» (GK)
- «Es scheint also eher zu einer Verschiebung innerhalb des Krankheitsspektrums zu kommen; d.h. manch einer wäre früher unter anderem – körperlichen – Label ebenso krankgeschrieben worden.» (GK)
Viele Vertreter des Psychopathologischen Wörterbuchs fühlen sich dabei noch an die Konsensgemeinschaft der DSM-Autoren gebunden. Freilich muss man sich aber nicht notwendig zum Sklaven der internationalen Forschergemeinschaft machen. Man sieht doch, was man sieht, schließlich ist das alles längst bekannt: Die Wirklichkeit ist wirklich krank! Wenn im folgenden ein Doktor der Medizin keinerlei Rücksicht mehr auf ‹die Datenlage› nehmen will, geht er nur konsequent auf dem Weg weiter, den die Verteidiger der state-of-the-art-Diagnostik mit den hier gesammelten Argumenten eingeschlagen haben. Man setzt die Existenz dessen, was man finden will voraus, und siehe da! - es findet sich.
Subkategorie I: «Ich weiß doch und es reicht doch, was ich sehe!»
- «Auch dass die Internetsucht (das erschütterndste neue Suchtproblem) von den psychiatrischen Wortführern nicht wirklich anerkannt wird, ist erschütternd. Auf eine ‹ausreichende Datenlage› zu warten, entspricht nicht ärztlichem, beziehungsweise psychotherapeutischen Denken.» (Dr. med. CL)
- «Die DGPPN [3] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. ignoriert damit die Existenz von Kaufsucht, Sexsucht und Esssucht. Beispielsweise die Kaufsucht, eine typische Suchtform, war bereits Kraepelin und Bleuler, den Begründern der modernen Psychiatrie, vor 100 Jahren bekannt.» (Dr. med. CL)
- «Es [gemeint sind: die nicht-substanzgebundenen Süchte] ist in der Tat ein quantitativ sehr großes Problem, das in seinen Ausmaßen noch immer nicht richtig erkannt wird.» (Dr. med. CL)
Subkategorie II: Der Geist leidet in Wirklichkeit am Körper
Es soll so aussehen, dass psychische Krankheiten in etwa den Status von Diabetes haben, also den einer weiteren chronischen körperlichen Krankheit.
- «Wir reden von psychischen Erkrankungen, also von etwas, worunter ein Mensch auch leidet. Und da ist natürlich – bei einigen Störungen wissen wir das – ein körperlicher Faktor die Ursache dieser psychischen Störung.» (JI)
Dafür müssen natürlich äußere Faktoren ausgeschlossen sein, wie es z.B. bei einem aktuell populären, stark an beruflichen, also von außen kommenden, Stress gebundenen Begriff ist:
- «Es ist ganz klar, dass Burn-Out keine eigenständige Diagnose ist, das ist eine Depression, die anders getriggert ist als andere Depressionen, aber es ist letztlich eine Depression.» (JI)
Daran zeigt sich auch, dass die DSM-Kategorien keineswegs so theoriefrei sind, wie die DSM-Autoren dies behaupten. Dadurch, dass man etwa schon früh das Wort ‹Reaktion› (wie in ‹reaktive Depression›) wegen seines theoretischen Ballasts aus den Klassifikationen gestrichen hat, hat man implizit eine viel weitreichendere Theorie aufgestellt: Da das Leiden anlasslos ist, muss es von innen kommen, vom Körper. Anschließend stellt man sich zusammen mit einem DSM-Mitautor nur noch rhetorisch die Frage:
- «Warum sollte die Psyche gesünder sein als der Rest des Körpers?» (IVX)
Die Skripte der folgenden Kategorie fanden wir nur selten. Sie waren meist eingebettet in vielfache Bezüge zur ‹wirklichen Natur› psychischer Störungen. Wir nennen diese Kategorie deshalb
Skriptsammlung 4: Das konstruktivistische Feigenblatt
- «Und es ist ausgesprochen schwer bis unmöglich, einen allgemein gültigen Zeitraum festzulegen, ab wann eine depressive Trauer-Reaktion ‹nicht mehr normal› sein soll, zumal sich der Trauerprozess ja bekanntlich meist nicht linear, sondern phasenhaft abspielt.›(GK)
- «Aber ebenso wie bei körperlichen Erkrankungen besteht die Notwendigkeit, Schwellen auszuhandeln, ab wann eine Störung als – kassenfinanziert – behandlungsbedürftig gelten soll.» (GK)
- «Eine ernsthafte Diskussion hält sich nicht mit […] polemischen Mätzchen auf, sondern erkennt an, dass es enorm schwierig ist, hier definitorische Entscheidungsspielräume festzulegen, die den Betroffenen nutzen und gleichzeitig keiner Über- oder Fehlbehandlung Vorschub leisten.» (GK)
Diese Skripte werden ungern geäußert, meist nur dann, wenn die Verteidiger des DSM auf den konsensualen Abstimmungsprozess, der hinter ihren Kategorien steht, direkt angesprochen werden. Um diese etwas merkwürdige Form des Mehrheitsentscheids über die Existenz geistiger Störungen möglichst rational klingen zu lassen, erfindet man für die Öffentlichkeit schon mal ein paar Zusatzkriterien, die besonders plausibel klingen:
- «Rose hat insofern recht, als Diagnosen immer auch soziale Konstruktionen sind. Ein Unwohlsein wird nur dann explizit als Störung klassifiziert, wenn ein Patient nicht mehr seiner Arbeit und seinen Lebensaufgaben nachgehen kann. Das ist eine zwingende Voraussetzung jeder klinischen Diagnose.» (IX)
Das ‹Kriterium der Klinischen Signifikanz›, auf das IX hier anspielt, ist allerdings durch die starke Betonung von Früherkennung und Prävention sowie die Senkung diagnostischer Schwellen im DSM-V beinahe obsolet geworden.
Mit dieser letzten Äußerung kommen wir noch zu einem Zusatzbefund unserer Wirklichkeitsprüfung, in der wir Argumente sammeln wollten, aber auch immer wieder folgendes fanden:
Skriptsammlung 5: Die glatte Lüge
- «Nein, ich habe gesagt: 60 bis 70% derjenigen, die in den Gremien sitzen, kriegen Geld von der Pharmaindustrie.» (NN)
«Das stimmt aber so nicht, das ist nicht wahr. Und bei dem DSM-5 ist es explizit ausgeschlossen.» (JI)
- «Ich habe ja fast 10 Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt und der Streit, den wir hier auf dem Podium sehen, der wird dort auch geführt. Das liegt daran, dass die DSM-Klassifikation keine Klassifikation ist wie jede organische, wie beispielsweise beim Bluthochdruck und dergleichen.» (LM)
«Doch, doch, Migräne, Bluthochdruck. […] Diese DSM-5 und die Vorstellung, dass das jetzt eine wahnsinnige Ausweitung von Diagnosen wäre, wir wären dann alle krank, das ist natürlich einfach nicht so.»(JI)
Alles was die Direktorin einer bekannten deutschen psychiatrischen Einrichtung hier leugnet, ist nachweislich wahr. JI lügt einfach. Recherchieren Sie es nach, liebe Leserin, lieber Leser (und starten Sie bei Ihrer Recherche z.B. mit den Namen Cosgrove und Krimski). Oder lassen Sie sich die letzte Aussage gleich von einem der DSM-Autoren, der ebenfalls mit diskutierte, widerlegen:
- «Wir alle entwickeln irgendwann in unserem Leben mindestens eine und oft mehrere psychische Störungen, von Angstattacken bis zur Demenz.» (IVX)
Geht es nach den ‹Herren des psychopathologischen Wörterbuchs›, gibt es für uns kein Entkommen. Wir alle werden, ja wir sind ständig körperlich und psychisch krank:
- «Wenn wir mal nachdenken, haben wir alle ungefähr fünf bis sechs Diagnosen in diesem Moment, wo wir hier sitzen.» (JI, sich selbst widersprechend, s.o.)
Wollen Sie, liebe Freundinnen und Freunde der ‹Bochumer Arbeitsgruppe›, an diesem Punkt den Skripten folgen? Oder halten Sie es mit uns, der Taskforce ‹Psychopathomythologie›, und schließen sich den Worten des wunderbaren Gary Greenberg (2010, S. 367) an?
«Nenn Deine Sorgen eine Plage oder anderes. Nimm Deine Medikamente oder lass es. Geh zum Therapeuten oder geh nicht hin. Aber was immer Du tust, wenn Dich das Leben auf die Knie zwingt – was es sicher tun wird, vielleicht weil es genau das tun soll – lass Dir auf keinen Fall erzählen, Dein Gehirn sei krank. Vergiss nicht, dass das nur eine Geschichte ist. Du kannst Deine eigene Geschichte über Deine Leiden erzählen. Und ich vermute, es wird eine bessere Geschichte sein, als diejenige, die die Erfinder der Depression für Dich geschrieben haben.»
Wir sind gespannt.
Ins Netz gestellt am 18. März 2014.
Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung.
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Dr. Artus P. Feldmann.