BOAG - Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung
«‹Neo-Individualliberalismus› und das spätmoderne ‹Ich›»
von Albertine Devilder
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«Nicht ob das Resultat originell, sondern ob man selbst dazu gelangt sei,
darauf kommt es an. Also eigentlich auf den Kredit des Finders.
Ich habe dies und das in mir gefunden und fand es nachträglich in Büchern.
Da erkannte ich, daß es nur auf den Weg ankomme
und nicht auf das Ziel. Und fand auch diesen Gedanken in Büchern.»
(Karl Kraus)

Einführung

Endlich mal wieder ein schöner Begriff: ‹Neo-Individualliberalismus›. Er gefällt uns so gut, weil wir denken, daß er ein Ausgangspunkt sein kann für viele schöne Gedanken über die Kulturinsassen der Jetztzeit, oder auch ein Wegweiser, in welche Richtung wir weiter denken könnten, angesichts der geistigen Öde unseres finalen Zeitalters. Dabei denken wir natürlich an Karl Kraus, unseren großen und strengen Meister:
«Der Gedankenlose denkt, man habe nur dann einen Gedanken, wenn man ihn hat und in Worte kleidet. Er versteht nicht, daß in Wahrheit nur der ihn hat, der das Wort hat, in das der Gedanke hineinwächst.»
Ja, ein Wort, und dann noch so ein kluges wie ‹Neo-Individualliberalismus›, kann uns Räume öffnen, die wir mit unseren Gedanken betreten dürfen. Naturgemäß sollten wir es nicht wagen, uns diesen Räumen mit kläglichen Meinungen bewaffnet zu nähern. Nein. Unser alter, treuer Freund E. sagt dies so:
«Meinungen, Überzeugungen, Standpunkte, Prinzipien: Alles Feinde der Wahrheit; nur Gedanken können zu ihr beitragen.»
Fangen wir an: Denken wir ein wenig nach über die Individuen und den Liberalismus in unseren Zeiten.


Vom ‹Ich› in der Spätmoderne

Es geht im folgenden nicht darum, daß wir in der ‹Bochumer Arbeitsgruppe› die Entwicklung der großartig angepaßten und vielfach gegängelten ‹Ichs› in Post- und Spätmoderne, die sich erstaunlicherweise für ganz und gar einzigartig halten, ziemlich genau vorausgesehen haben. Wir halten es hier schon wieder mit Karl Kraus:
«Es gibt Vorahmer von Originalen. Wenn Zwei einen Gedanken haben, so gehört er nicht dem, der ihn früher hatte, sondern dem, der ihn besser hat.»
In diesem Sinn macht es keinen Sinn, jetzt quengelig und doch laut zu rufen, daß wir einen guten Gedanken aber schon viel früher hatten. Nein. Der von Matthias Mergl erfundene und von Wolfgang Müller in der Spex30 (01/10 auf Seite 52) diskurrierte Begriff ‹Neo-Individualliberalismus› faßt auf wunderbare Weise das zusammen, was wir vor vielen Jahren gedacht haben. Wir sind ohne Neid. Die beiden haben im Moment diesen Gedanken ‹besser›. Allerdings nur bis Sie, lieber Leser, liebe Leserin, dieses Traktätchen zu Ende gelesen haben, hehe.

Blicken wir zurück: In unserem Arbeitspapier Nr. 11 beschäftigen wir uns ausführlich mit den Möglichkeiten, in der Postmoderne ‹Person› zu sein. Dabei schauen wir besonders gerne auf die Spezies ‹Mann›, da diese in ihrer klumsigen Art schon liebenswert ist, obwohl sie unserer Welt arg viele Probleme bereitet.

Auf Seite 55f. in diesem Arbeitspapier schreiben wir:
«Der postmoderne Mann (ist) nur noch für sich selbst und die erfolgreiche Inszenierung seiner selbst verantwortlich. [...] Der postmoderne Mann steht vor der täglich zu erfüllenden Aufgabe, zeigen zu müssen, daß er ein Individuum ist, dem die Welt nicht nur nichts anhaben, sondern dem sie auch den Spaß nicht verderben kann. Dadurch wirkt der postmoderne Mann nicht nur leicht angestrengt, sondern auch völlig unpolitisch, ja völlig desinteressiert an allen Fragen moralischer, ethischer, politischer oder allgemein wichtiger Natur. Er haßt Botschaften aller Art, weil die prinzipiell in der Lage sind, seine Laune zu verderben. Es geht um nichts mehr, das macht er sich und anderen täglich klar und liest es darüber hinaus in den einschlägigen Zeitgeist-Magazinen.»
Der spätmoderne Mann betreibt Ego-Placement. Er versucht permanent sich Wettbewerbs- und Standortvorteile zu verschaffen. Und dabei spielt das Wort ‹Ethik› keine Rolle mehr, denn der spätmoderne Mann hat eine ausschließlich von innen heraus definierte Ethik, die der modernen kapitalistischen Nützlichkeitsethik ähnelt. Ein Unternehmen ist im finalen Kapitalismus ja allein daran interessiert, so viel Gewinne wie möglich zu machen und die Verluste – sowie in zunehmendem Maße auch die ‹Lohnkosten› – auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Die Ethik des spätmodernen Mannes, falls man hier überhaupt von derselben sprechen kann, ist ausschließlich auf das eigene ‹Ich› bezogen. Was dem spätmodernen Mann nützt, ist für ihn ethisch vertretbar. Doch weiter:

Die Berufstätigkeit des spätmodernen Mannes ist prinzipiell am Markt orientiert. Beruf ist somit keine innere Berufung mehr. Man macht das, was gebraucht wird, das macht man dann aber auch ohne jegliche Skrupel. Der eigene Beruf kann nicht mehr langfristig angelegt werden, ja oft hat der spätmoderne Mann gezwungenermaßen auch mehr als einen Beruf, hat multiple Arbeitsverhältnisse. Es gibt auch viele Brüche, Veränderungen, Verschiebungen und Neudefinitionen von beruflicher Tätigkeit. So paßt der spätmoderne Mann ganz hervorragend in die Nischen, die vom Kapital einstweilen noch angeboten werden.

So weit, so klar. Natürlich haben wir in unseren ‹Arbeitspapieren› und in unserem ‹Skepsis-Reservat› viel mehr dazu geschrieben, aber das ist jetzt nicht wichtig, denn nun schauen wir uns den wunderschönen Begriff ‹Neo-Individualliberalismus› näher an, um ihn dann anmutig zu erweitern.


‹Neo-Individualliberalismus› und das spätmoderne ‹Ich›

Wolfgang Müller schreibt in der o.g. Spex:
«Dem Neo-Individualliberalismus liegt die Ansicht zu Grunde, dass es unsere westliche Gesellschaft erfolgreich geschafft hat, die ursprünglich linksalternative Emanzipationsutopie der freien, individuellen Selbstentfaltung zu verwirklichen. [...] Allen Minderheiten und Benachteiligten stehen dieser Tage die Türen weit offen. Was zu der Annahme verleitet: Es gibt keine Randgruppen mehr! [...] Der Hinweis auf strukturelle Ungleichheiten gilt nun als Beweis ideologischer Verbohrtheit. [...] Damit erledigt sich jede kritische Diskussion. Kritik wird auf Befindlichkeiten betroffener Subjekte reduziert.»
Gut beobachtet: Kollektive Interessen haben sich tatsächlich in der Spätmoderne erledigt. Denn ‹Unterm Strich zähl ich!› Besser als in dieser Reklame der Postbank kann es wirklich keiner ausdrücken. Strukturelle Probleme, gesellschaftliche Verwerfungen, die Ausdehnung des spätmodernen Prekariats, das alles kann ernsthaft nicht mehr diskurriert werden, wenn doch jeder machen kann, was er will. Die größte Schmierlappenzeitung dieses Landes tut so, als würde sie sich mit der riesengroßen Überschrift «Macht Hartz IV faul?› für ihre Leser interessieren, sie ist aber auch nur Büttel des neoliberalen Kapitals und hält die Menschen, genauso wie es die Politiker tun, davon ab, sich um das zu kümmern, was sie eigentlich angeht.

Klar, da gibt es noch ein paar gewerkschaftlich orientierte Betriebsräte und andere Komiker, die einfach nicht verstehen wollen, was heute angesagt ist (Nämlich: ‹Hilf Dir selbst!› Vulgo: ‹Eigenverantwortung!›). Und dann diese albernen Gutmenschen, die sich immer über die Benachteiligung von Randgruppenmenschen aufregen, ohne doch selbst benachteiligt zu sein! So was Lächerliches! Wir haben keine strukturellen Probleme mehr. Basta. Und wenn sich jeder nur um sich selbst kümmern und nur für sich selbst sorgen würde, wäre das gut für den Einzelnen und gut für die Gemeinschaft, da sich dadurch alle sozial- und umweltpolitischen Probleme von selbst lösen. Muß doch schließlich jeder selbst am besten wissen, was er will oder werden will. Ok? Ja, da ist eine grandiose Entpolitisierung! Nur nebenbei, kann das sein, daß da jemand einen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekommen hat, mit eben dieser Meinung vom gesellschaftlichen Nutzen des Egoismus?

Das Fatale ist: Eine Politik für ein Gemeinwesen kann sich aus dieser Attitüde nicht mehr ergeben. Und genau dies erleben wir. Es ist so völlig plausibel, daß eine Klientel-Partei wie die FDP sich in erster Linie und ausschließlich um ihre Klientel kümmert – und dafür Spenden erhält. In wenigen Jahren werden fast alle Menschen das gut finden, weil diese radikale politische Prostitution so ‹ehrlich› rüber kommt. Wir werden es erleben.

Wir haben die mit dem Begriff ‹Neo-Individualliberalismus› verbundenen Gedanken schon oft ventiliert und sind über den Begriff immer hinausgegangen. Die Argumentationen im ‹Skepsis-Reservat› der ‹Bochumer Arbeitsgruppe› gehen wesentlich weiter als in dem oben skizzierten Text in der Zeitschrift Spex. Wir möchten deswegen einige unserer Beobachtungen gerne hier anfügen. Da ist zunächst einmal der so vielfältig zu beobachtende ‹Abschied von jeder Haltung›:
«Uns wird schnell klar, daß es im finalen spaßkapitalistischen und spektaklistischen Zeitalter völlig lächerlich erscheint, zu irgendetwas anderem eine Haltung zu haben, als zu sich selbst. Eine inhaltliche Orientierung, eine inhaltliche Grundeinstellung, eine Haltung, ein Innehalten in einem Inhalt also, wirkt heute nur noch dumm. Denn der spätmoderne solipsistische Mega-Individualist («Wie bin ich drauf?») hat ‹ganz für sich alleine› entschieden, daß Haltungen ihn nicht interessieren, sondern langweilen. So viel ‹Ich› war nie! Eben. Und das ‹Ich› als Benutzeroberfläche sucht halt nicht nach einer Haltung, sondern nach Unterhaltung. [...] Ohne jede Haltung ist alles Höhere da draußen unwichtig, außer der eigenen Person, die ist das Höchste. Leider hat man zu sich selbst aber auch keine Haltung, denn das würde ja ein Wissen oder zumindest ein Bemühen um ein Wissen über die eigene Person voraussetzen. Was bleibt ist die Meinung, daß man selbst wichtig sei. Das ist aber eine Meinung, keine Haltung. Das ist ein Jammern im Nirgendwo.»
Das spätmoderne ‹Ich› zeigt wirklich eine ganz erstaunliche solipsistische Losgelöstheit von allem, was mit dem Wort ‹Nomos› bezeichnet werden könnte. Es kann für das ‹Ich› eben nichts ‹Übergeordnetes› geben, dem man sich zu beugen hätte, keine Pólis, die von Interesse sein könnte, keine sozialen Räume, die zu pflegen und keine sozialen Beziehungen, die zu beschwichtigen wären. Wozu sollte das gut sein? Eben. Vor allem aber kann es keine Regeln und Gesetze geben. Es gibt nur das ‹Ich›. Und das ‹Ich› ist Gesetz. ‹Ich›-Stärke gilt als ‹Führungsstärke›. Und Regeln sind für Schwache.

Wir haben oben das Wort ‹Ethik› erwähnt. Krasser wird es, wenn wir uns einmal überlegen, wie viele Wörter einstmals über ganze Menschengeschlechter hinweg erfunden wurden, um Tugenden zu beschreiben. Wenn Sie, lieber Leser und liebe Leserin, die folgende Liste lesen, die Henriette Orheim in den Werken der Brontë-Schwestern gesammelt hat, dann ahnen Sie, was wir bereits verloren haben. In welchem kulturellen Setting ließe sich denn noch über diese Wörter sprechen?
«Akkuratesse, Anständigkeit, Aufrichtigkeit, Ausdauer, Barmherzigkeit, Begeisterungsfähigkeit, Beharrlichkeit, Beständigkeit, Bewunderungsfähigkeit, Demut, Ehrfurcht, Ehrlichkeit, Ehrenhaftigkeit, Eifer, Fairness, Festigkeit, Fleiß, Freimut, Geradheit, Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit, Güte, Gutartigkeit, Gutherzigkeit, Herzlichkeit, Hingabe, Integrität, Kordialität, Lauterkeit, Liebenswürdigkeit, Loyalität, Milde, Mitgefühl, Moralität, Nachsichtigkeit, Offenheit, Ordnungsliebe, Pflichtbewußtsein, Pünktlichkeit, Rechtschaffenheit, Redlichkeit, Ritterlichkeit, Selbstbeherrschung, Sittlichkeit, Sorgfalt, Standhaftigkeit, Stetigkeit, Takt, Treue, Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit, Uneigennützigkeit, Unermüdlichkeit, Unerschütterlichkeit, Unvoreingenommenheit, Verantwortungsbewußtsein, Vertrauenswürdigkeit, Vorsicht, Wahrhaftigkeit, Wahrheitsliebe, Warmherzigkeit, Weitsichtigkeit, Zurückhaltung, Zuverlässigkeit.»
Ganz ehrlich, ist das nicht erschütternd, daß Wörter wie Barmherzigkeit, Integrität, Lauterkeit, Takt, Treue und Warmherzigkeit nicht nur in der kapitalistisch gestalteten Arbeitswelt ihre Bedeutung verloren haben und keine Rolle mehr spielen, sondern auch im Zwischenmenschlichen, in dem also, was ein ‹Ich› und ein ‹Du› verbinden könnte?

Lustig ist ja nicht nur dieses permanent in fast allen spektaklistischen Formaten aufgesagte Mantra ‹Sei, der Du bist›, welches sich bei näherer Betrachtung leicht als Fluch erweist, sondern daß dieses Ich, dieses Selbst, das von allen Kulturinsassen ja fraglos als existent angesehen wird, einem schon mal als Rebound an den Kopf geworfen wird, wenn es denn mal im ‹Ich› kriselt und krabbelt. Ja, das ist nett. Da steht man dann als spätmoderner Tor, ist empört, aufgebracht, und weit und breit keine Hilfe.

Doch schauen wir uns noch einige Befunde unserer mythographischen und kulturphysiognomischen Studien und Wirklichkeitsprüfungen an. Wen oder was also haben wir vor uns, wenn wir in diesen Zeiten einem Menschen begegnen? Nun, dieser Mensch hat ein ‹Ich›, das ganz unmittelbar glaubt, gerade als ‹Ich› dürfe es Ansprüche stellen, sich empören, sich von Sonnenhütern ohne Ende unterhalten lassen, eine Meinung haben, ohne Scham, Schuld und Gewissen leben und seine Würde auf die Tiefpreissuche reduzieren. Leider sitzt dieses ‹Ich› Zeit seines Lebens in einem Faktenkerker, betrachtet Wissen, auch sein Wissen, als Ware, die es zu verkaufen gilt, und hat zum einen keinerlei Ahnung, worauf unsere Gesellschaft hinauslaufen könnte, und leider zum anderen auch keinen Impetus, darüber nachzudenken, worauf sie hinauslaufen sollte. Das paßt. Nivellierte, gleichgemachte ‹Ichs›, und dies in einem Gesellschaftssystem, welches doch die ‹Gleichmacherei› so unendlich haßt. Das ist doch nett, oder?


Ausblick

Sie sehen, liebe Leserin und lieber Leser, daß wir weit über das hinaus gehen, was die engere Interpretation des Begriffs ‹Neo-Individualliberalismus› verheißen könnte. Wir prüfen schon seit zig Jahren an der Psychologie des spätmodernen Menschen herum. Drei Bemerkungen sollen dieses Traktätchen beschließen.

Fassen wir zunächst einmal unsere Gedanken in einer Metapher zusammen: Das spätmoderne ‹Ich› rennt auf der grell ausgeleuchteten Bühne seines Lebens, in der irrigen Annahme, er sei der Hauptdarsteller, von Kulisse zu Kulisse, um nach millisekundenkurzen echten, überaus intensiven Authentizitätserlebnissen ernüchtert und enttäuscht weiter zu eilen, nicht ohne den Kulissen nachhaltigen Schaden zugefügt zu haben. Daß es glaubt, es gäbe keine strukturellen gesellschaftlichen Probleme mehr, ist dem ‹Ich› nicht einmal bewußt. Und Wolfgang Müller schließt zu Recht in der o.g. Zeitschrift Spex, daß die größte und wirksamste Kraft des ‹Neo-Individualliberalismus› in seiner ‹Unwahrgenommenheit› und damit seiner ‹Unangreifbarkeit› besteht. Oder anders: Der ‹Neo-Individualliberalismus› kommt ‹in der Maske des Selbstverständlichen› daher.

Wir haben zum anderen weiter oben das Wort ‹Ethik› erwähnt. Natürlich kann dieses Wort im finalen Kapitalismus keine Rolle mehr spielen, jeder Mensch, der Augen im Kopf hat, sieht, was geschieht. So kann jeder final-kapitalistische Fuzzi heute sagen «Bei uns steht im Mittelpunkt der Mensch» und zeitgleich die Löhne für seine Arbeiter senken sowie diese peinlichst überwachen und schikanieren. Kein Problem. Zur Zeit ist es so, daß das Wort ‹Ethik› noch eine Weile mitgeschleppt werden muß, um es in unzähligen Ethik-Kommissionen, die grundsätzlich dann doch das für gut befinden, was das Kapital für notwendig hält, zerfasern zu lassen. Wir befinden uns wohl in einer Übergangsphase. Das Wort ‹Ethik› wird auch noch eine Weile in krassen Philosophieseminaren bewegt werden, bis diese endgültig geschlossen werden, weil sie keine klare Berufsvorbereitung im Auge haben. Wer braucht Philosophie heute? Und morgen? Was unser Land braucht, weiß niemand mehr, was es bekommt, ist die Gesinnung der FDP.

Nun zur dritten abschließenden Bemerkung. Wir haben in diesem Text öfter vom spätmodernen Mann gesprochen. Alles Gesagte gilt selbstredend auch für spätmoderne Frauen. Leider lassen sich diese, insbesondere wenn sie jung sind, ganz unbedingt auf alle möglichen Selbstreferenzunterbrecher wie Casting-Shows ein, da die dem final-kapitalistischen Sein inhärente darwinistische Logik ihren Erkenntnisapparat abschließend konditioniert bzw. zerdeppert hat.

Die wunderbare Helene Hegemann schreibt dazu (in der Süddeutschen Zeitung Nr. 12 vom 16. Januar 2010):
«Es geht darum, welcher selbstlose Körper, der nichts will, außer begehrt zu werden, unemanzipiert und verantwortungslos Richtung Zielgerade stolpert und sich den kapitalistischen Dominanzen und Repressionen fraglos unterwirft. [...] Sie (die jungen Frauen) sind perfekte Dienstleister. Sie sind motiviert und ehrgeizig genug, jedes Klischee zu erfüllen. Sie laufen die vorgeschriebenen Erfahrungen ab, [...] dass man durch Gehorsam und blödeste Schablonen zu dem werden kann, der man sein will. Das raubt ihnen ihre Autonomie [...] Schlussendlich sind sie alle verdammt und verdummt.»
Wir könnten es nicht besser sagen. Chapeau!



Erstellt: 21. Januar 2010 – letzte Überarbeitung: 26. Januar 2010
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